Die Beteiligung des deutschen Kaiserreichs am Völkermord an den Armeniern
Auch am 24. April diesen Jahres versammelten sich über hundert Menschen am Mahnmal „Dieser Schmerz betrifft uns alle“, um der Opfer des Genozids an den Armeniern zu erinnern, der vor 110 Jahren im damaligen Osmanischen Reich begann. Der Komitas-Chor der Armenischen Gemeinde rahmte die Feierstunde mit Liedern ein, Gemeindepfarrer Hayr Yeghishe Avetisyan begann mit einer Andacht, danach wurden Beiträge von Atranik Tabaker, Talin Kalatas und Wolfgang Heiermann vorgetragen:
***
„Heute an dem internationalen Jahrestag des Genozids an der armenischen Bevölkerung gedenken wir der Opfer der Verbrechen.
Den Opfern zu gedenken heißt auch, die Täter zu benennen. Der Genozid ist vom deutschen Bundestag vor 10 Jahren anerkannt worden, ohne die Beteiligung und Duldung von deutschen Offizieren durch Kaiser Wilhelm II aber ausdrücklich zu erwähnen.
Kein Unrecht kann vergehen, solange es nicht von seinen Verursachern, den Tätern anerkannt ist.
Große Bevölkerungsteile in der Türkei und Deutschland beschweigen dieses Verbrechen, wollen es nur ungern wahrhaben oder bekämpfen es aktiv. Die offizielle Politik in der Türkei verfolgt das Gedenken repressiv und bereitet immer wieder den Boden für Verbrechen wie die Ermordung von Harant Dink 2007 zeigte.
Klar ist: die Osmanischen Regierung trägt die Hauptverantwortung für diesen Völkermord, doch mehr als 800 deutsche Offiziere waren nicht „unbeteiligte Zeugen eines Jahrhundertverbrechens“, wie es später oft geheißen hat.
1911, Wilhelm II. war noch Kaiser, wurde das monumentale Reiterstandbild aufgestellt, umgeben von seinen drei Vorfahren aus der Hohenzollern Familie an den anderen Ecken der Brücke. Alles preußische Militaristen.
Im 2. Weltkrieg wurde es geschützt untergebracht und später hier wieder auf einen neuen Sockel gestellt. Was zeichnet Wilhelm II. aus, dass er über hundert Jahre an so prominenter Stelle in Köln steht?
Nichts !
Ist es nur Unkenntnis seiner Verbrechen, ihn so zu ehren?
* Persönlich hat er in den Kolonialkriegen ein besonders brutales Vorgehen seiner Generäle gegen die jeweilige Bevölkerung zu verantworten.
* Er hat den Völkermord an Herero und Nama 1904 befohlen, den ersten Völkermord des neuen Jahrhunderts.
* Er hat den 1. Weltkrieg von 1914 bis 1918 begonnen,
* und, was wenig bekannt ist, seine Offiziere waren maßgeblich an dem Völkermord an der Armenischen Bevölkerung in den Jahren 1915 /18 beteiligt.
Ich möchte zwei Beispiele nennen:
Major Eberhard Graf Wolffskeel von Reichenberg, war Stabschef des stellvertretenden Kommandeurs der osmanischen Armee und zerstörte mit deutscher Artillerie 1915 ein Kloster und das armenische Viertel von Urfa im Süden des Osmanischen Reichs. Die dortigen Armenier hatten den ganzen Sommer 1915 hindurch beobachten müssen, in welch elendem Zustand Deportiertenkonvois durch ihre Stadt zogen und fürchteten zu Recht ein ähnliches Schicksal, gegen
das sie sich wehrten. Am 16. Oktober 1915, brach Wolffskeel den Widerstand der Armenier in Urfa mit diesem Massaker.
Es war auch Wolffskeel mit seinen Truppen, der kurz vorher am „Mosesberg“ dem (Musa Dag auf türkisch) armenische Flüchtlinge verfolgte und belagerte. Sie hatten dort bewaffneten Widerstand organisiert und konnten im letzten Moment von französischen und britischen Schiffen vor dem sicheren Tod gerettet werden.
Franz Werfel hat in dem Roman „Die vierzig Tage des Musa Dag“ diese Rettung eindrücklich geschildert.
Generalmajor Friedrich Bronsart von Schellendorf, Generalstabschef des osmanischen Feldheeres und enger Berater des Kriegsminister Enver Pascha, er forderte, begrüßte und unterzeichnete 1915 Befehle zur Deportation der Armenier. Die Deportation von armenischen Zwangsarbeitern, die die Bagdad Bahn bauen mussten, ließ er unterschreiben, obwohl die Bahn – finanziert u.a. von der Deutschen Bank – von hohem strategischen Interesse für das deutsche Reich war. Franz Günther, Chef des Unternehmens, wies damals darauf hin, Zitat: „ …die Unterschrift eines Mitglieds der deutschen Militärmission beweist, dass die Deutschen nicht nur nichts getan haben, um die Verfolgung der Armenier zu verhindern, sondern stattdessen verschiedene Befehle dazu von ihnen ergangen sind und unterzeichnet wurden“.
Seit acht Jahren steht das Mahnmal „Dieser Schmerz betrifft uns alle“ nun an dieser Stelle in direkter Konfrontation zu Wilhelm II. auf seinem hohen Ross. Und es hat auch heute eine große Bedeutung. Denn im Schatten der aktuellen Kriege in der Ukraine, in Gaza und an vielen anderen Orten dieser Erde, werden Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen.
Die jetzt beteiligten Staaten sind in der Vergangenheit oft selbst Täter und/oder Opfer von Genoziden gewesen. Mir fehlen die Worte diese Entmenschlichung zu beschreiben.
Deutschland muss kriegsfähig werden, sagt nicht nur die Regierung dieses Landes. Krieg wird als Verteidigungshandlung verharmlost, Völkermord, ja die atomare Vernichtung der „feindlichen“ Bevölkerung wird offen diskutiert. Seit Jahrzehnten wurde in den Koalitionsverträgen der Regierungsparteien das Ziel formuliert die Welt, Deutschland frei von Atomwaffen zu machen. In dem aktuellen Koalitions-Vertrag steht davon nichts mehr.
Das Mahnmal „Dieser Schmerz betrifft uns alle“ hier ist klein, es wird der Bedeutung der Verbrechen, auf die es hinweist kaum gerecht. Aber seine Inschrift sagt es klar und deutlich:
Nur eine entschiedene Ächtung der Entwürdigung von Minderheiten und die
Einsicht, dass es weder religiöse, nationale noch ethnische Überlegenheit
zwischen den Menschen gibt, kann solche Verbrechen verhindern.
Das Mahnmal bleibt stehen!“
Die Beteiligung des deutschen Kaiserreichs am Völkermord an den Armeniern
Auch am 24. April diesen Jahres versammelten sich über hundert Menschen am Mahnmal „Dieser Schmerz betrifft uns alle“, um der Opfer des Genozids an den Armeniern zu erinnern, der vor 110 Jahren im damaligen Osmanischen Reich begann. Der Komitas-Chor der Armenischen Gemeinde rahmte die Feierstunde mit Liedern ein, Gemeindepfarrer Hayr Yeghishe Avetisyan begann mit einer Andacht, danach wurden Beiträge von Atranik Tabaker, Talin Kalatas und Wolfgang Heiermann vorgetragen:
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„Heute an dem internationalen Jahrestag des Genozids an der armenischen Bevölkerung gedenken wir der Opfer der Verbrechen.
Den Opfern zu gedenken heißt auch, die Täter zu benennen. Der Genozid ist vom deutschen Bundestag vor 10 Jahren anerkannt worden, ohne die Beteiligung und Duldung von deutschen Offizieren durch Kaiser Wilhelm II aber ausdrücklich zu erwähnen.
Kein Unrecht kann vergehen, solange es nicht von seinen Verursachern, den Tätern anerkannt ist.
Große Bevölkerungsteile in der Türkei und Deutschland beschweigen dieses Verbrechen, wollen es nur ungern wahrhaben oder bekämpfen es aktiv. Die offizielle Politik in der Türkei verfolgt das Gedenken repressiv und bereitet immer wieder den Boden für Verbrechen wie die Ermordung von Harant Dink 2007 zeigte.
Klar ist: die Osmanischen Regierung trägt die Hauptverantwortung für diesen Völkermord, doch mehr als 800 deutsche Offiziere waren nicht „unbeteiligte Zeugen eines Jahrhundertverbrechens“, wie es später oft geheißen hat.
1911, Wilhelm II. war noch Kaiser, wurde das monumentale Reiterstandbild aufgestellt, umgeben von seinen drei Vorfahren aus der Hohenzollern Familie an den anderen Ecken der Brücke. Alles preußische Militaristen.
Im 2. Weltkrieg wurde es geschützt untergebracht und später hier wieder auf einen neuen Sockel gestellt. Was zeichnet Wilhelm II. aus, dass er über hundert Jahre an so prominenter Stelle in Köln steht?
Nichts !
Ist es nur Unkenntnis seiner Verbrechen, ihn so zu ehren?
* Persönlich hat er in den Kolonialkriegen ein besonders brutales Vorgehen seiner Generäle gegen die jeweilige Bevölkerung zu verantworten.
* Er hat den Völkermord an Herero und Nama 1904 befohlen, den ersten Völkermord des neuen Jahrhunderts.
* Er hat den 1. Weltkrieg von 1914 bis 1918 begonnen,
* und, was wenig bekannt ist, seine Offiziere waren maßgeblich an dem Völkermord an der Armenischen Bevölkerung in den Jahren 1915 /18 beteiligt.
Ich möchte zwei Beispiele nennen:
Major Eberhard Graf Wolffskeel von Reichenberg, war Stabschef des stellvertretenden Kommandeurs der osmanischen Armee und zerstörte mit deutscher Artillerie 1915 ein Kloster und das armenische Viertel von Urfa im Süden des Osmanischen Reichs. Die dortigen Armenier hatten den ganzen Sommer 1915 hindurch beobachten müssen, in welch elendem Zustand Deportiertenkonvois durch ihre Stadt zogen und fürchteten zu Recht ein ähnliches Schicksal, gegen
das sie sich wehrten. Am 16. Oktober 1915, brach Wolffskeel den Widerstand der Armenier in Urfa mit diesem Massaker.
Es war auch Wolffskeel mit seinen Truppen, der kurz vorher am „Mosesberg“ dem (Musa Dag auf türkisch) armenische Flüchtlinge verfolgte und belagerte. Sie hatten dort bewaffneten Widerstand organisiert und konnten im letzten Moment von französischen und britischen Schiffen vor dem sicheren Tod gerettet werden.
Franz Werfel hat in dem Roman „Die vierzig Tage des Musa Dag“ diese Rettung eindrücklich geschildert.
Generalmajor Friedrich Bronsart von Schellendorf, Generalstabschef des osmanischen Feldheeres und enger Berater des Kriegsminister Enver Pascha, er forderte, begrüßte und unterzeichnete 1915 Befehle zur Deportation der Armenier. Die Deportation von armenischen Zwangsarbeitern, die die Bagdad Bahn bauen mussten, ließ er unterschreiben, obwohl die Bahn – finanziert u.a. von der Deutschen Bank – von hohem strategischen Interesse für das deutsche Reich war. Franz Günther, Chef des Unternehmens, wies damals darauf hin, Zitat: „ …die Unterschrift eines Mitglieds der deutschen Militärmission beweist, dass die Deutschen nicht nur nichts getan haben, um die Verfolgung der Armenier zu verhindern, sondern stattdessen verschiedene Befehle dazu von ihnen ergangen sind und unterzeichnet wurden“.
Seit acht Jahren steht das Mahnmal „Dieser Schmerz betrifft uns alle“ nun an dieser Stelle in direkter Konfrontation zu Wilhelm II. auf seinem hohen Ross. Und es hat auch heute eine große Bedeutung. Denn im Schatten der aktuellen Kriege in der Ukraine, in Gaza und an vielen anderen Orten dieser Erde, werden Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen.
Die jetzt beteiligten Staaten sind in der Vergangenheit oft selbst Täter und/oder Opfer von Genoziden gewesen. Mir fehlen die Worte diese Entmenschlichung zu beschreiben.
Deutschland muss kriegsfähig werden, sagt nicht nur die Regierung dieses Landes. Krieg wird als Verteidigungshandlung verharmlost, Völkermord, ja die atomare Vernichtung der „feindlichen“ Bevölkerung wird offen diskutiert. Seit Jahrzehnten wurde in den Koalitionsverträgen der Regierungsparteien das Ziel formuliert die Welt, Deutschland frei von Atomwaffen zu machen. In dem aktuellen Koalitions-Vertrag steht davon nichts mehr.
Das Mahnmal „Dieser Schmerz betrifft uns alle“ hier ist klein, es wird der Bedeutung der Verbrechen, auf die es hinweist kaum gerecht. Aber seine Inschrift sagt es klar und deutlich:
Nur eine entschiedene Ächtung der Entwürdigung von Minderheiten und die
Einsicht, dass es weder religiöse, nationale noch ethnische Überlegenheit
zwischen den Menschen gibt, kann solche Verbrechen verhindern.
Das Mahnmal bleibt stehen!“