Menschenrechtsverein Türkei/Deutschland e.V.: Offener Brief an die Stadt Köln

„Am 15. April 2018 stellte die Initiative „Völkermord Erinnern“ im Anschluss an eine Veranstaltung eine Skulptur auf mit dem Titel »Dieser Schmerz betrifft uns alle«. Das Mahnmal erinnerte an den Völkermord während des 1. Weltkrieges im osmanischen Reich und an die deutsche Beteiligung daran. Die Stadt Köln ließ das Mahnmal vier Tage später entfernen.

Der Umgang der türkischen Regierung und ihr nahestehender Verbände mit dem Genozid besteht bis heute aus Leugnen und Abstreiten. Das bedeutet nicht nur eine zusätzliche Herabwürdigung der Opfer, sondern prägt auch bis heute den Umgang der Türkei mit Minderheiten. Wer sich in Köln für die Anerkennung des Genozids an den Armenier*innen ausspricht, ruft die Reaktion dieser Verbände hervor. Die Aufstellung einer Stele auf dem Brücker Friedhof zum Gedenken an den Genozid ist ein Beispiel für diesen Druck. Regierungsnahe und nationalistische türkische Verbände sorgten trotz Zustimmung über alle Parteien hinweg für einen fünfzehnmonatigen Stillstand im Genehmigungsverfahren. Insgesamt brauchte es fünf Jahre kontinuierlichen Werbens, bis die Stele schließlich aufgestellt wurde.

Wir können nachvollziehen, dass die Initiative „Völkermord Erinnern“ das Mahnmal diesem Druck nicht aussetzen wollte. Wir möchten auch darauf hinweisen, dass Initiativen, die durch ehrenamtliches Engagement getragen werden, langwierige Genehmigungsverfahren unter solchen Umständen nicht leisten können. Das Erschaffen von Erinnerungsorten allein von solchen Verfahren abhängig zu machen hieße, die Arbeit dieser Initiativen unmöglich zu machen. Wir appellieren an die Stadt Köln, die besonderen Bedingungen dieses Anliegens und die Besonderheit von Initiativenarbeit zu berücksichtigen.

Dass die deutsche Mitverantwortung thematisiert wird, macht deutlich, dass der Genozid an den Armenier*innen auch unabhängig von den hier lebenden Migrant*innen ein deutsches Anliegen ist und in das öffentliche Bewusstsein gehört. Insofern stellt das Mahnmal eine sinnvolle und notwendige Ergänzung zum Kreuzstein auf dem Brücker Friedhof dar. Der von der Initiative gewählte Platz neben dem Reiterstandbild von Kaiser Wilhelm II wird diesem Umstand gerecht.

Wir verstehen den Wunsch der Stadt Köln, Konflikte im öffentlichen Raum zu vermeiden. Doch in diesem Fall bedeutet diese Konfliktvermeidung, dass diejenigen, die den Genozid an den Armenier*innen leugnen, in ihrer Haltung bestärkt werden und den öffentlichen Raum bestimmen. Eine Vermeidung von Konflikten darf nicht dazu führen, dass Völkermorde im öffentlichen Bewusstsein keinen Platz haben sollen. Es gab in den letzten Jahren große Fortschritte bei der Anerkennung des Genozids, und auch wenn die offizielle Regierungslinie der Türkei noch immer aus einem Abstreiten besteht, hat sich das Bewusstsein vieler Menschen in dieser Frage gewandelt. Es ist auch im langfristigen Interesse der Stadt Köln, dass dieser Wandel fortgesetzt wird bis aus dem Konflikt eine Verständigung wird.

Der Hinweis auf mangelnde Genehmigungsverfahren ist weder dem Thema noch der besonderen Situation in Köln angemessen und das dauerhafte Entfernen des Mahnmals sendet aus unserer Sicht ein fatales Signal aus. Wir würden es sehr begrüßen, wenn die Stadt Köln das Anliegen der Initiative »Völkermord Erinnern« würdigen und das Mahnmal wieder an seinem Platz aufstellen würde.“

TÜDAY

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